12.11.2022 – Hart aber fair: Hedda meistert die IPG 1

 M3A7558 1 250Hedda und Heike auf dem Weg zur IGP1Nach  M3A7739 1 250Hedda bei der kurzen FluchtCorona-Bremse, Kindersegen und Europa-Bummel-Urlaub hat es Hedda mit fünfeinhalb Jahren endlich ihren Vorgängerinnen gleichgetan und sich als Gebrauchs- und Leistungshund qualifiziert.

 

Wer Hedda kennt, weiß, dass hinter dem lustigen und liebenswerten Alltagskobold ein handfester, harter, zäher und ausdauernder Gebrauchshund mit hoher Leistungsbereitschaft steckt. Ihr wird es im Training eigentlich nie zu viel und die Lust verliert sie auch nicht; Hedda will zeigen, was sie kann.

Das war ihr bisher nur einmal vergönnt, am 31. Oktober 2020, als sie den allerletzten Tag vor dem umfassenden Corona-Lockdown nutzte und ihre BH-Prüfung mit Bravour ablegte. Danach verschwand sie mit uns allen in einem Virus-Cocon: Kein Hundeplatz mehr, kein Schutzdienst, nur noch Fährte und gelegentliche UO-Einheiten während der Spaziergänge, wenn die Ausgangssperre diese überhaupt zuließ.

Im Mai 2021 bescherte sie uns acht zauberhafte Welpen, die sie acht Wochen rührend umsorgte. Bald darauf trat sie ihren verdienten Sommerurlaub in Dänemark an und ab Weihnachten ging sie mit uns ein halbes Jahr auf Reise im Womo, während der sie selbstverständlich einige Unterordnungen zeigen und Fährten suchen durfte. Von einem geregelten Training konnte jedoch das ganze Jahr über keine Rede sein, und eine Hürde oder Schrägwand hatten wir auch nicht im Gepäck. 

So hieß es also nach unserer Rückkehr Ende Juni Gas geben, um endlich ein richtiger Gebrauchshund zu werden. Die vergangenen Wochen waren demnach entsprechend intensiv, aber, wie gesagt: Hedda lässt sich nicht leicht kleinkriegen und trainierte mit Feuereifer. Dennoch blieben vor dem heutigen Tag der Wahrheit einige Baustellen unbeseitigt und die Spannung, wie sie sich schlagen würde, hoch.

Zu allem kam erschwerend hinzu, dass Hedda sich gelegentlich selbst überholt, dabei mitunter ein Muskel im Rücken zumacht oder eine Zerrung im Bein eine Trainingspause einfordert.

Ach, und noch etwas hätten wir beinahe unterschlagen: Hedda ist seit einer Woche läufig.   

Mit 93 – 84 – 84a und insgesamt 261 Punkten hat sie sich unter diesen Umständen sehr tapfer geschlagen, vor allem, wenn man die sehr korrekte, aber auch unnachgiebige Arbeit des Leistungsrichters Gerhard Keßler in die Bewertung einbezieht. Der war selbst an Fiannas 11. Geburtstag (den sie größtenteils in ihrer Autobox auf dem Hundeplatz zubrachte) nicht bereit, Geschenke zu verteilen. Muss er auch nicht, aber für die Einstufung von Heddas Leistung ist dieser Aspekt von Bedeutung.

 M3A6967 1 250Start im NebelAuf der Fährte zeigte sie sich in etwa 20 Zentimeter hohem Gras stabil und durchweg sicher. Etwas verunsichert war sie beim ersten Gegenstand, der geländebedingt schon recht früh kam, weshalb sie ihn nur zögerlich verwies. Die beiden folgenden Gegenstände verwies sie sicher und schnell. An ihrer Winkelarbeit war auch nichts zu beanstanden. Die weiteren Punkte wurden ihr für zwei- oder dreimal etwas höherer Nasenführung und sehr kurze Absicherungen nach links und rechts gezogen, was bei dem dicken Nebel über dem Ebersberger Land ausnehmend scharfer Augen bedurfte. Und so nahm sie 93 Punkte in die nächsten Aufgaben mit.

Auf die musste sie allerdings lange warten, weil sie wegen ihrer Läufigkeit erst als Letzte auf den Platz durfte, um den Rüden nicht die Partie zu vermasseln.

 M3A7583 1 250Endlich Apportieren!Als sie endlich nach der Mittagspause zur Unterordnung dran war, konnte Gerhard Keßler an ihrer Fußarbeit tatsächlich nicht viel beanstanden. Die zeigte sie gewohnt freudig, triebig, mit ständigem Augenkontakt zur Hundeführerin und immer in der korrekten Position, selbst dann, wenn sie aus schierer Arbeitsfreude gelegentlich neben ihrer Hundeführerin hochsprang. Ihre Punkte ließ sie anderswo liegen.

Wo und wie sie diese verlor, wollen wir an drei Übungen exemplarisch aufzeigen: der Sitzübung, dem Apportieren zu ebener Erde und dem Apportieren über die Hürde.

Die Sitzübung entwertete der Leistungsrichter wegen zweier „Vergehen“. Das eine war eine Führerhilfe zum „Sitz“, die nötig war, weil uns zum wirklich sicheren Sitz noch einige Trainingseinheiten fehlten. Sicher ist in diesem Fall sicher, bedeutet aber auch einen sicheren Punktabzug. Das zweite Vergehen war ein Schrittfehler. Die Prüfungsordnung legt für die Entwicklung zum Sitz-Kommando zehn bis 15 Schritte fest. Weil Hedda ausgerechnet während der letzten Entwicklungsphase wieder einmal neben Frauchen hochsprang, machte die zwei Schritte mehr, bis Hedda wieder mit beiden Füßen auf dem Boden war. 17 Schritte statt maximal 15 ist schon wieder teuer. Hart zwar, aber eben nicht unfair.

 M3A7592 1 250Hedda über die SchrägwandDas ‚Apportieren zu ebener Erde‘ vermasselte sich Hedda durch ihre lautstarke Freude und Ungeduld. Zu Fuß auf und ab marschieren, zwischendrin mal absitzen und abliegen ist, selbst wenn man es wie Hedda mit Begeisterung tut, eher langweilig. Das Ganze ohne Bestätigung, obwohl man sich doch vorbildlich verhält, ist eine Zumutung. Da kommt die erste Apportierübung gerade recht, liefert sie doch mit dem „Beuteholz“ die erste Bestätigung. Das ist Vorfreude genug, um kräftig zu bellen und seine vorfreudige Erwartung allen mitzuteilen. Und Hedda wollte sich gar nicht mehr einkriegen vor Freude. Nun ist die Unterordnung kein Kindergeburtstag, sondern eine Gehorsamsübung, weshalb sie im Englischen korrekter als im Deutschen ‚Obedience‘ heißt, und nerviges Herumbellen hat wenig mit Gehorsam zu tun. Punktabzug! Völlig zu Recht! Die Übung selbst lieferte sie dann, einschließlich des Holzes, blitzschnell und präzise ab. Mit der Reife und Erfahrung wird sie ihr vorfreudiges Ungestüm noch in den Griff kriegen. Das steht als Nächstes auf dem Lehrplan.

Anders liegt der Fall beim ‚Apportieren über die Meterhürde‘. Wenn es sein muss, springt Hedda auch über 1,50 Meter, kein Problem. Ihr Problem ist ihre Geschwindigkeit. Sie rast sofort mit Maximalspeed los, springt dabei meist zu früh ab, und daraus ergibt sich zwangsläufig eine flache Flugkurve, weshalb sie meist die Hürde etwas touchiert. Langsamer und kontrollierter wäre der Königsweg. Aber irgendein Mittelding zwischen Stillstand und Vollgas ist bei Hedda nicht angelegt: Null oder Hundert ist ihr Lebensmotto. Im wahren Leben einer Leistungsprüfung bedeutet das allerdings weder Null noch Hundert, sondern ein entwerteter Graubereich dazwischen. Für diese Übung hätte Hedda noch eine ganze Reihe von Trainingseinheiten gebraucht, um zu erfahren, dass auch kontrollierte Langsamkeit süßen Erfolg bescheren kann. Daran wird sie in nächster Zeit noch intensiv arbeiten müssen. Aber: Bis auf die zweimalige Berührung der Hürde war auch diese Übung voll im Soll.

 M3A7681 1 250Mit Vollgas zum VorausEin Renner im Wortsinn war dann die Voraus-Übung, die Hedda so schnell und präzise ablieferte, dass Gerhard Keßler mit Freuden ein „hundertprozentiges Vorzüglich“ in den Richterbogen schrieb und den Zuschauern zusätzlich erläuterte, dass ein so schneller Hund gar nicht anders kann, als beim „Platz“-Kommando noch zwei oder drei Meter in die Laufrichtung zu schlittern, bis er endlich zum Liegen kommt. Im vorliegenden Fall ist Höchstgeschwindigkeit sogar mal ein Punktelieferant.  

Dennoch summieren sich Übung für Übung die Abzüge, auch weil man im Überschwang die Grundstellung etwas zu sehr eindreht, um Frauchen anzutreiben und anzuspornen, vielleicht doch mal eine kleine Vergütung für eifrige Mitarbeit zu spendieren. Minus kommt zu Minus und am Ende bleiben trotz eines supervorzüglichen ‚Voraus‘ nur noch 84 Punkte. Beim nächsten Mal, da sind wir uns sicher, wird sich der Quirl geerdeter zeigen.

Weil Hedda schon als Allerletzte für die Unterordnung auf den Platz gehen durfte, stellte sich die Frage, ob man die vorgeschriebene Mindestwartezeit von einer Stunde zwischen Unterordnung und Schutzdienst einhalten soll. Hundeführerin und Richter waren sich schnell einig, dass Hedda keinerlei Substanzverlust zeigt und bockstark drauf ist. So durfte sie nach dem Verkehrsteil des einzigen BH-Prüflings schnell zum Schutzdienst antreten.

 M3A7706 1 250Stellen und VerbellenWieviel Bock sie auf Schutzdienst hatte, zeigte sie schon beim Zulauf ins Helferversteck; dabei ist sie immer sehr schnell, aber heute schien sie hineinfliegen zu wollen. Sie verbellt markant, lässt sich auch keinen Augenblick ablenken, fixiert aber den Helfer gewohnheitsgemäß mit einem Bein im Versteck, damit er ihr nicht auskommt. Das bewertet der Richter als Belästigung, was es natürlich auch ist, wir ihr aber nie genommen haben: Das ist Hedda, und so soll sie auch sein.

 M3A7860 1 250Auslassen erst nach dem zweiten KommandoIn der kurzen Flucht greift sie schnell und hart zu, erwischt den Arm aber etwas weit vorne, weshalb der Griff unstet ist. Nur das Aus-Kommando nach dem Einstellen überhört sie heute, packt sogar eher noch ein wenig fester zu. Es braucht ein zweites Kommando, bis sie loslässt. Das haben wir fast schon vorhergesehen, weil Hedda, anders als die meisten Hündinnen, während ihrer Läufigkeit erst mal noch härter und knackiger wird. Und so kostet dieser zusätzliche Härtegrad schnell mal drei Punkte. Im weiteren Verlauf macht sie wieder zuverlässig ihr Ding, geht auch bei der langen Flucht schnell und direkt in den Arm – braucht aber wieder zwei Aus-Kommandos, um einzusehen, dass es jetzt genug ist. Wieder drei Punkte weg, macht sechs. Hätte sie sich nicht so sehr bitten lassen, hätte sie sich immerhin ehrliche und leistungsgerechte 90 Punkte erwirtschaftet. Hätte, hätte, Fahrradkette: So blieben nur 84 Punkte, die allerdings mit dem TSB-Prädikat „ausgeprägt“.  

 M3A7639 1 250Glücklich nach einer tollen PrüfungGemessen an den Umständen hat es Hedda heute wirklich sehr gut gemacht, und wir sind mit ihr mehr als zufrieden. Wenig Training ergibt wenig Ertrag. Und dafür hat sie heute eine fette Ernte eingefahren. Wir sind richtig stolz auf unseren Kobold, weil wir wissen, dass viele Hunde ein so intensives Training der vergangenen Wochen eher nicht durchgestanden hätten und knieweich geworden wären. Hedda hat jedoch alles begeistert mitgemacht und gezeigt, was unter diesen Umständen überhaupt zu leisten war. Ein dickes Lob für die kleine Hexe.

 

Außer ihr standen heute noch drei weitere Kandidaten des Bairischen Blues auf dem Platz: Girgl, Gamba und Nando (Hallodri), Heddas Bruder. 

 M3A7317 1 250Gerda und GirglGirgl  M3A7511 1 250Girgl beim Schutzdiensttrat zur IPG 2 an und wird mit seinen 249 Punkten nicht ganz zufrieden sein. Eigentlich ein ruhiger und gelassener Sucher, beendeter er die Nebel-Fährte mit nur 89 Punkten. In der Unterordnung leistete er sich einige Unkonzentriertheiten, die ihm 20 Punkte kosteten und auch im Schutzdienst, in dem er immer druck- und eindrucksvoll agiert, blieb er heute deutlich unter seinen Möglichkeiten: 80 (TSB „vorhanden“). Natürlich wurde auch ihm von Gerhard Keßler nichts geschenkt, sondern abgezogen, was abzuziehen war. Da kommt schnell einiges zusammen. Möglicherweise behinderte ihn noch eine Verklemmung im Rücken, die ihn in der vergangenen Woche etwas zugesetzt hatte, aber allem Anschein nach auskuriert war. Er hüllt sich darüber in Schweigen… Wie auch immer: Wir gratulieren und freuen uns mit euch.

 M3A7275 1 250Claudia mit GambaGamba stieg für die BGH 2 in den Ring. Für sie war es ein relativ kurzfristiger Entschluss, weil auch ihr berufsbedingt ziemlich viele Trainingseinheiten fehlten, vor allem das ‚Voraus‘ blieb ein wackeliger Streichkandidat. Aber schließlich gewinnt nur, wer wagt und den nötigen Mut zur Lücke hat. Nachsicht beim Leistungsrichter darf man aus einer solchen Mängelliste trotzdem nicht ableiten, was dann zu einem Ritt auf der Rasierklinge wird: 71 Punkte standen letztlich noch zu Buche – und die BGH 2 ist im Sack. Glanz und Gloria sieht anders aus, aber bis zur nächsten Prüfung ist das oberste Lernziel, Stabilität und Sicherheit aufzubauen. Dann kommen Glanz und Gloria ganz von allein. Gratulation!

 M3A7119 1 250Brigitte und NandoHeddas Bruder Nando hatte sich die BGH 1 auf die Fahnen geschrieben und mehr an der Nervosität seiner Führerin zu knabbern als an seinen Fähigkeiten. Aber er hat die Aufgabe wirklich respektabel gemeistert, hier und da eine kleine Führerhilfe gebraucht und kleinere Unsicherheiten gezeigt. Bei einer gesetzestreuen Leistungsbewertung kommen dann am Ende 87 Punkte heraus, auf die er wirklich stolz sein kann. Und wir sind es auch, vor allem weil auch er in den vergangenen Monaten zu viele Trainingseinheiten streichen musste. Prima gemacht, tapfer geschlagen: Chapeau!

Zum Schluss wollen wir es nicht versäumen, Nola mit ihrem Ares vom Remstalschlössle zur bestandenen BH und Anita mit ihrem Da Enzo von Armonia zur bestandenen BGH 1 zu gratulieren. Auf zu neuen Taten!

Ein herzliches Dankeschön an Lissy, die uns gewohnt köstlich bekocht und umsorgt hat, an Sabine für die Organisation und die Prüfungsleitung und an Gerhard Keßler für seine korrekte Richterarbeit unter dem Motto: Hart aber fair. Herzlichen Dank euch allen.